Beziehungsweise – Judentum und Christentum stehen in Beziehung miteinander. Mehr noch: Das Christentum hat seine Wurzeln im Judentum. Jesus von Nazareth war Jude. In seiner Verkündigung bezog er sich auf die mosaischen Gesetze und die Propheten, nachzulesen in der Hebräischen Bibel, die wir Christen im Allgemeinen das „Alte Testament“ bezeichnen. In den ersten christlichen Gemeinde bekannten sich Juden und Nichtjuden gemeinsam zu Jesus Christus, dem Auferstandenen. 

Anlässlich des Festjahres „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ stellt eine ökumenisch verantwortete Kampagne jeden Monat ein jüdisches und ein christliches Fest nebeneinander. Was haben zum Beispiel das jüdische Fest Purim und der Karneval gemeinsam? Überraschend viele Gemeinsamkeiten sind zu entdecken – und gleichzeitig natürlich auch Unterschiede.

Die Kampagne möchte Interesse wecken und zu einer positiven Auseinandersetzung mit der Vielfalt jüdischen Lebens in Deutschland anregen und damit auch einen Beitrag zur Bekämpfung von Antisemitismus leisten.

In den Schaukästen unserer Kirchengemeinde werden wir monatlich die Plakate zur Kampagne aushängen, und auch hier werden sich weitere Beiträge dazu finden.

Weiterführende Informationen unter: 

Eine jüdische Stimme

Kleine und große Clowns, Ritter, Prinzessinnen, Monster, Hexen, Zebras, Hasen und andere phantasievoll gekleidete Gestalten haben sich in der Synagoge versammelt, machen Krach mit Hilfe von Rasseln, trampeln mit den Füßen, pfeifen und bringen „Buh“-Rufe aus. Und all das bei der Verlesung eines biblischen Buches?? Purim ist das Lieblingsfest jüdischer Kinder, denn sie dürfen sich nach Herzenslust verkleiden und brauchen nicht still sitzen, weil der Lärm sogar Teil der Liturgie ist. Wann immer der Übeltäter Haman genannt wird, bricht ein enormer Krach aus, um dessen Namen auszulöschen.

Das Hören der Esther-Geschichte ist das wichtigste Gebot des Festes. Daneben ist es üblich, einander Süßigkeiten und selbst zubereitete Speisen zu schenken. Das typische Gebäck für Purim sind die „Haman-Taschen“ oder „Haman-Ohren“, dreieckige, mit Mohn, Datteln oder Marmelade gefüllte Kekse. Bedürftige Menschen werden mit Lebensmitteln oder mit Geld bedacht, damit auch sie sich Festmahlzeiten leisten können. Und warum heißt es „Esther-Rolle“? Weil der Text des Esther-Buchs aus einer auf Pergament handgeschriebenen Rolle (Megillah), ähnlich einer Torah-Rolle, vorgetragen wird.

– Rabbinerin Dr.in Ulrike Offenberg

Eine christliche Stimme

Prächtige Prinzenwagen von Düsseldorf bis Mainz, spärlich bekleidete sambatanzende junge Frauen in Rio, vornehme Masken in Venedig, urtümliches Geistertreiben in Rottweil und Luzern – das sind Bilder, die beim Stichwort „Karneval“ aufsteigen. Dass „Karneval“ ursprünglich die Tage vor dem Beginn der vorösterlichen Fastenzeit im Christentum bezeichnet, ist heute wohl zunehmend weniger bewusst.

Traditionell verzichteten Christen und Christinnen in den vierzig Tagen vor Ostern auf den Verzehr von Fleisch und schränkten auch sonst ihr Leben ein. An Karneval sagte man „dem Fleisch Lebwohl“ („carne vale“).

Hier durfte aber auch die Welt auf den Kopf gestellt werden. Spott auf die Herrschenden, Tanz, fette Speisen und ausgiebiger Alkoholkonsum gehörten dazu. Bezeichnungen wie das rheinische „Fastelovend“ („Fast-Abend“) oder „Fastnacht“ erinnern daran, dass Karneval eine Art Schwelle oder Übergang darstellt zwischen dem Leben im Alltag und der Zeit der Vorbereitung auf das Fest der Auferstehung Christi. Die „tollen Tage“ bergen aber auch ein utopisches Moment: dass das Leben mit seinen oft harten Begrenzungen und Ungerechtigkeiten nicht alles ist…

– Marie-Theres Wacker

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